Ich kenne kaum eine Lebensgeschichte, bei der sich nicht herausstellt, dass Menschen oft schon sehr frühe Erfahrungen mit Traumata gemacht haben. Dazu gehören schwere und lebensbedrohliche Geburten, wenn ein kleines Kind, durch Tod oder andere Umstände, die Mutter verliert, oder Bindungsstörungen innerhalb der Familie, wo ein ganzes Bindungssystem durch verschiedene Traumatisierungen nicht fähig ist, liebevolle und sichere Beziehungen herzustellen. Die vorherrschende Dynamik, die daraus entsteht, ist die von Opfern und Tätern, die sich im Ringen um Liebe und Anerkennung miteinander verstricken. Erschwerend können Erfahrungen hinzukommen, die das eigene Leben bedrohen, z.B. Existenztraumata, welche durch Kriegserlebnisse, Angriffe, Vergewaltigung, Morde, Raubüberfälle, Terrorismus und Folter entstehen. Die Schwere der persönlichen Auswirkungen ist abhängig von der Häufigkeit und den Zusammenhängen, in denen die Ereignisse auf einen Menschen einwirken, wie z. B. Lebensalter und Ressourcen. Je jünger der Mensch, desto hilfloser und ausgelieferter ist er, und umso weniger steht ihm zur Bewältigung zur Verfügung. Schwer traumatisierte Menschen spalten sich auf der psychischen Ebene in Opfer und/oder Täter auf und können später Suizid begehen, Süchte oder Depressionen entwickeln, um nur einige Folgen zu nennen. Viele werden zu Tätern, die andere ausbeuten, manipulieren oder unterwerfen; andere werden Straftäter, die schwere Gewaltverbrechen begehen. Doch niemand wird als Straftäter geboren. Wenn wir nur auf die Tat schauen, die jemand verübt, verurteilen wir den ganzen Menschen. Es braucht ein vertieftes Verstehen von Psychotraumata, um herauszufinden, welche Störungen und Verletzungen vorliegen, dass jemand Gewalt als Lösung wählt.
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